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Die kulinarische Wahrheit über Gemüse

GEMÜSE IM ALLGEMEINEN
 

Der sachgerechte und interessante Umgang mit Gemüse ist in den Restaurantküchen immer seltener geworden. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von mangelnder Information bis hin zu den schwieriger gewordenen Umständen des Gemüseanbaus.

Gemüse anzubauen ist oft eine körperlich schwere Arbeit und erfordert besonders dann, wenn es sich um hochwertige Produkte handelt, ein hohes persönliches und wirtschaftlichen Engagement. Genau diese Doppelfunktion sorgt allerdings auch dafür, dass sich mit dem spezialisierten, handwerklichen Gemüseanbau auch heute noch ein klarer Qualitätsbegriff verbindet.

In den Spitzenrestaurants Europas geschieht eine positive Entwicklung, nicht alltägliche Produkte wieder erlebbar zu machen. Aber wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, in deren Verlauf landwirtschaftliche Produzenten und Köche in enger Zusammenarbeit alles versuchen müssen, um endlich eine weitere Entwicklung in diesem Bereich zu initiieren.

 

GEMÜSE TEILE ICH IN FOLGENDE KATEGORIEN EIN:
 

Wurzelgemüse

  • Karotten, Pastinaken, Fenchel, Topinambur

Blattgemüse

  • Spinat / Spitzkohl / Mangold / Wirsing / Pak Choi / Senfkohl ...

Fruchtgemüse

  • Tomaten / Kürbis / Paprika / grüne Bohnen ...

Blütengemüse

  • Artischocken / Blumenkohl / Brokkoli / Romanesco

Stengelgemüse

  • Spargel / Stangensellerie / Chinesische Keule / Pflücksalat Roter Stern / Rhabarber ...

Zwiebelgemüse

  • Lauch / Frühlingszwiebeln / Schalotten / Knoblauch / Ingwer ...

Salatgewächse

  • Endivie / Kopfsalat / Römischer Salat / Chicorée / Castelfranko

 

GEMÜSE STRUKTUREN
 

Die Struktur von Gemüse ist viel spezieller und daher komplexer als zum Beispiel die Strukturen und Beschaffenheit von Fisch & Fleisch bzw. tierischen Produkten. Die Unterschiede erklären sich vor allem aus der vielfältigen physikalisch-chemischen Zusammensetzung.

 

GEMÜSE GESCHMACK
 

Geschmacklich ist Gemüse so unterschiedlich wie keine andere Produktgruppe. Hunderte von Gemüsesorten – einschließlich der vielen „alten“ Sorten – haben jede für sich eine ganz unterschiedliche Zellstruktur. Beachtet man diese großen Unterschiede, ist es quasi unmöglich, allgemeine Zubereitungsarten oder Garmethoden für Gemüse festzulegen.

Das wiederum bedeutet, dass wir uns viel intensiver damit beschäftigen müssen, den unterschiedlichen Gemüsesorten einen individuellen kulinarischen Auftritt zu ermöglichen. Mit dieser notwendigen Individualisierung der Zubereitungsarten haben sich bisher nur einige wenige Köche befasst. Wir stehen also bei der Gemüse-Behandlung in der Kochkunst noch ganz am Anfang. Dies fällt gerade jetzt besonders auf, weil die Kochkunst in anderen Bereichen in den letzten 15 bis 20 Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat, und zwar sowohl in technischer als auch in konzeptioneller Hinsicht. Auf der einen Seite scheint alles möglich zu sein – beim Gemüse aber ist der Stand der Kochkunst im engeren Sinne immer noch dem vor vielleicht 20 Jahren ähnlich.

Beim Gemüse wird die kulinarische Kompetenz in Zukunft ganz entscheidend davon bestimmt sein müssen, dass wir uns auf das individuelle Produkt konzentrieren, die Entwicklungen der Technik kritisch auf eine adäquate Anwendung hin überprüfen und einen neuen Zusammenhang zwischen der Bedeutung des Saisonalen, aber auch der Bewahrung der Natur im Allgemeinen herstellen.

Erst eine Gemüseküche, die diese Faktoren sinnvoll zusammenbringen kann, wird sich in Zukunft „modern“ nennen können.

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