180906_MH_Logo_rgb

 

 

Gemüse konservieren
Geschmacks- und Kochkompetenz

AUSZUG AUS
JOURNAL CULINAIRE
NR. 25/2017
 

Beim Konservieren geht es nicht nur darum, Produkte haltbar zu machen, um sie einzulagern. Ein wichtiger Gesichtspunkt des Konservierens ist immer auch, die Jahreszeit einzufangen, um ein Jahr rückblickend geschmacklich zu reflektieren. In diesem Punkt ähnelt das Konservieren von Gemüse und Obst der Weinbereitung.

Der Struktur eines Gerichts kann durch die Konservierung wesentlich beeinflusst werden. Aspekte wie Textur, Farbe und zusätzliche Aromenbildung durch die Lagerung bzw. Reifung des Produkts »in der Konserve« gehen in die fachliche Tiefe und damit an den Kern kulinarischer Kompetenz.

Vorbereitend für eine anspruchsvolle, bekömmliche, nachhaltige und bewusste Küche bzw. Vorratshaltung gibt dieser Bericht Hilfestellung und Anregungen. Sein Aufbau ist chronologisch. Mir erscheint dies ein logisches Vorgehen: Ich gehe in eine leere Küche und schalte das Licht an. Dieser Bericht spiegelt meine grundlegende kulinarische Perspektive und basiert auf meinem Wissensstand vom Sommer 2017.
 

Der kulinarische Sinn des Konservierens

Konservieren meint in weiterem Verständnis die Verfahren, mit denen Lebensmittel haltbar gemacht werden. Deshalb werden sie in erster Linie zur Vorratshaltung genutzt. Aber das Konservieren bringt darüber hinaus auch Geschmack, Vielfältigkeit und Kreativität in die Küche. Durch das Konservieren kann eine breit gefächerte Geschmackswelt entstehen. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, über das ganze Jahr die einzelnen Jahreszeiten nachzuvollziehen.

Die Zubereitungen erhalten durch die Konservierung geschmacklich einen neuen Tiefgang. Einmal entdeckt, wurde das Konservieren in meiner Küche zur Basis der Kulinarik: Fast alle Gerichte beinhalten konservierte Komponenten und gewinnen auf diese Weise eine unverwechselbare, individuelle Geschmackscharakteristik.
 

Zur Einleitung eine Geschichte

In meiner Kindheit wurde sehr bewusst gekocht. Einmal in der Woche wurde Fleisch zubereitet, ansonsten wurde eine, wie ich es heute bezeichnen würde, intelligente Resteküche praktiziert. In der fruchtbaren Jahreszeit wurden Gemüse, Salat und Obst aus dem Garten zubereitet. Sonntags gab es obligatorisch einen über Nacht gegarten großen Braten. Zum Dessert wurde immer ein Glas mit eingeweckten Früchten gereicht. In diesen Gläsern war das ganze Aroma und die klimatische Geschichte des vorangegangenen Jahres eingefangen. Das machte mich immer neugierig.

In meiner Erinnerung gehe ich eines Tages die Kellertreppe hinunter in die Vorratskammer. Ich betrete einen Raum mit wunderschönen alten Holzregalen, darauf eng an eng bunt gefüllte Gläser in unterschiedlichen Größen. Sie stehen nach Sorten geordnet und sind von Hand beschriftet mit ihrem Inhalt und der Jahreszahl ihrer Ernte. Ich wundere ich mich über die Jahreszahlen auf den Gläsern: Gewürzgurken 1962 / Augustapfel 1956 / Sauer eingelegter Wirsing 1964 / Wachsbrechbohnen 1958 … Die meisten dieser verlockend gefüllten Gläser sind in einer Zeit vor meiner eigenen Geburt entstanden! Ich stelle mir die Frage, wie es sein kann, dass sie noch genießbar sind. Und erhalte keine Antwort.

Diese intensive ästhetische Erinnerung beeinflusst mich nachhaltig – eigentlich bis heute. Sie war mit ausschlaggebend dafür, dass ich den Beruf des Kochs erlernt habe. Wann immer es mir möglich war und bis heute ist, konserviere ich Speisen in allen Varianten. Als ich im Jahr 2005 damit begann, einen eigenen Garten zu bewirtschaften, trat dieser Moment nochmals in den Vordergrund. Ich stellte mir die Frage, wie ich jemals ohne einen eigenen Garten hatte kochen können? Die Fülle der Pflanzen und Kräuter, die dort wuchsen, wurde zu meinem Weg für eine veränderte Form der Kreativität und befeuerte entscheidend meine kulinarische Weiterentwicklung. Damals war ich das erste Mal autark in Bezug auf die pflanzlichen Produkte in meiner Küche. Ein außergewöhnlicher Moment, den ich nicht missen möchte.

Durch meine Kindheitserinnerung ist das Konservieren fest in meiner kulinarischen Vorstellungswelt verankert. Meine Geschmacksvorstellungen basieren darauf. Eine Küche mit ihrer Fülle an Zubereitungsarten wäre ohne Konserviertes und die damit einhergehende Aromenvielfalt für mich nicht denkbar.

..weiterlesen: siehe Download

 

DER VOLLSTÄNDIGE
18-SEITIGE ARTIKEL ALS PDF
ZUM DOWNLOAD

Das gesamte Journal Culinaire NR. 25/2017 sowie weitere Ausgaben dieser Zeitschrift zur Kultur und Wissenschaft des Essens finden Sie unter:

arrow-top